Mein neues Unimoke FatBike

Eines morgens im Herbst 2018 sagte ich mir: “Nee, Thomas, so geht das nicht weiter.. Jeden Morgen bei jedem Wetter mit dem Fahrrad am Kanal entlang zur Arbeit, Kilometer weit mit (Gegen-)Wind, Matsch und der Regen peitscht auf Dich runter.” Ich hatte echt einen Bock mehr. “Nochmal so einen Winter mache ich nicht mit.”

Das zu Lösende Problem

Ich hatte einfach genug davon, mich im Winter jeden Morgen bei Gegenwind auf so dünnen Reifen durch diese Schotter-Matsche zu kämpfen und immer durchgeschwitzt oder vom Regen durchnässt auf der Arbeit anzukommen. Außerdem nervte die Umhängetasche auf meinem Rücken, und wenn ich auf dem Rückweg mal einkaufen gehen wollte, war es ein Graus, die Sachen irgendwie in Jutebeuteln mitzubekommen. Ach so, und das Kind muss auf dem Hinweg zur Kita gebracht werden, also Kindersitz muss ich ja auch haben.

Variante #1: E-Vespa-Roller

Zuerst kamen mir E-Vespa-Roller in den Sinn, weil die so eine mega bequeme, fette Sitzbank haben: da kann ich meine Tochter mit draufsetzen (die muss die Hälfte des Weges mitfahren, zur Kita) und außerdem hab’ ich etwas mehr Komfort als so ein nerviger Fahrradsattel bietet.

Pro

  • Man ist Regen und Matsch nicht mehr ganz so _stark ausgesetzt (fette Reifen, dicke Schutzbleche, Schienbeinschutz)
  • Fahrt ist nicht mehr so anstrengend (=nicht mehr durchgeschwitzt auf der Arbeit ankommen)
  • Bequeme Sitzbank, auch geeignet um zweite Person mitzunehmen (Kind => Kita)

Contra

  • Man darf damit überhaupt nicht auf dem Radweg am Kanal fahren, alternative Strecken über Straßen gefallen mir nicht

Variante #2: E-Bike

Blöd also: Am Kanal dürfen nur Fahrräder fahren, über Straßem möchte ich nicht => E-Vespa schied also aus.
Dann bin ich verschiedene E-Bikes mit 25km/h bzw. Pedelecs Probe gefahren .. Ja schön und gut, aber irgendwie auch alles mehr oder weniger normale Fahrräder. Löst nur eins meiner Probleme, nämlich dass ich nicht durchgeschwitzt bin wenn ich ankomme, aber alle anderen Probleme bleiben bestehen. (Kind mitnehmen, Schutz vor Regen/Matsch, Gepäck).

Variante #3: E-Lastenrad

Die Probleme “Komfortabel das Kind + Gepäck mitnehmen” sowie “nicht zu sehr anstrengen müssen” wären natürlich auch mit einem E-Lastenrad zu lösen, aber ein Lastenrad haben wir schon, leider ohne Elektrounterstützung. Das Lastenrad muss bei uns immer draußen an der Straße stehen (passt nicht durch den Kellereingang), somit käme ein teures E-Lastenrad da einfach nicht in Frage.

Lösung: Unimoke

Dann, ich weiß nicht mehr wie, bin ich auf der Unimoke Webseite gelandet:
https://de.urbandrivestyle.com/

Das schien mir genau die richtige Lösung zu sein! Symbiose aus Fahrrad und E-Vespa! Zu dem Zeitpunkt gab es neben dem Standardmodell (das vorne eine dicke Retro-Motorrad-Lampe hat) auch die “Unimoke Bobber”, ein abgespecktes Bike ohne Beleuchtung, das man selbst konfigurieren kann, und bei dem man statt gigantischer Frontlampe einen großen Frontgepäckträger und eine Sitzverlängerung dazubestellen kann. Also direkt konfiguriert und geordert.
Die Lieferzeit war leider etwas lange, nach drei Monaten Wartezeit gab es die Option, von meiner Wunschfabe (Weinrot) auf Grau umzuschwenken, damit es schneller geht. Hab’ ich natürlich gemacht und nach zwei Wochen war es dann da:

Es musste noch ein wenig selbst zusammengebaut werden (Lenker festschrauben, Schutzbleche dran, Frontgepäckträger dran, etc), das war aber mit den Anleitungen und Videos im Internet kein Problem.
Da ich die günstigere Variante “Unimoke Bobber” gewählt hatte, waren außerdem weder Vorder- noch Rücklicht dabei. Cooler Weise waren die für die Beleuchtung notwendigen Kabel aber trotzdem verlegt, und auch die Funktion “Licht anschalten” funktionierte (= Den Plus-Knopf am Display lange gedrückt halten). Da der Beleuchtungsstrom mit 12 Volt läuft, konnte ich mir ein cooles aber günstiges Motorradrücklicht kaufen, und für vorne habe ich einen normalen E-Bike Frontscheinwerfer angebaut.

Folgendes ist mir mehr oder weniger negativ aufgefallen:

  • Bafang Motor in der Hinterradnabe - Wenn man auf voller Tretunterstützung fährt, dann ist der Antrieb relativ laut am jaulen
  • Motorsteuerung reagiert etwas träge: Wenn man aufhört zu treten, dann muss man damit rechnen, dass der Motor noch etwa eine Sekunde lang weiterzieht
  • Der bequeme, breite Sitz ist ziemlich niedrig und das lässt sich auch nicht ändern - für große Menschen ist das auf Dauer unbequem
  • Die dicken 20x4 Zoll Fatbike-Reifen haben ein Mountainbike-Noppenprofil, das macht auf Asphalt ein recht lautes Fahrgeräusch. Ist aber sicherlich ein Vorteil, auf dem Matsch- und Schotterweg am Kanal griffige Reifen zu haben. (Straßenprofil-Reifen kann man natürlich nachkaufen)
  • Den Frontgepäckträger für schwere Lasten zu nutzen hat seine Nachteile: Einerseits wird’s dann schwieriger mit der Lenkung, und andererseits kann es beim Fahrrad abstellen echt übel werden wenn der Lenker plötzlich umschwingt.
  • Die leere Batterie aufladen dauert über 5h.

Vorteile:

  • Der Hauptvorteil ist natürlich, dass man egal bei welchem Wetter irgendwie immer ein Grinsen im Gesicht hat, wenn man getrieben vom Elektromotor gemütlich auf dem breiten Sattel mit den dicken Reifen vor sich hincruist.
  • Fußrasten für Beifahrer kann man vorne und hinten dranschrauben, man kann also z.B. mit zwei Kindern zu dritt drauf fahren. Inwiefern das Verkehrsrechtlich in Ordnung ist, weiß ich nicht.
  • Die breiten Schutzbleche (extra dazu bestellen!) helfen gut gegen Matsch und Regen
  • Die hydraulischen Scheibenbremsen funktionieren top auf den Punkt
  • Die Batterie hält bei mir genau eine Woche, d.h. nur 1x pro Woche aufladen. Allerdings fahre ich auf dem Rückweg meist ohne Unterstützung

Fazit

Insgesamt überwiegen absolut die Vorteile: Für 2400€ habe ich ein geniales und ausgefallenes Fahrrad bekommen, und der Weg zur Arbeit macht mir wieder richtig Spaß. Auf schlechtes Wetter pfeife ich.
Auch cool ist, dass meine Tochter vor mir auf dem breiten Sitz sitzen kann, und wir können uns super auf dem Weg unterhalten. Ebenfalls praktisch ist der große Frontgepäckträger (ich habe noch eine Holzkiste draufgebaut), einerseits für meine Tasche und andererseits wenn ich auf dem Rückweg von der Arbeit spontant einen Großeinkauf machen möchte.

Ich habe inzwischen in Münster schon andere Unimoke-Fahrer gesehen, aber nur zwei oder drei mal, also so richtig viele scheint es noch nicht zu geben. Ich finde dieser Rahmen ist eine geniale Weiterentwicklung des “normalen” Fahrrads und ich möchte es als Zweitrad nicht mehr missen. Ich rechne es den Leuten von Ubrandrivestyle echt hoch an, dass sie das Unimoke “erfunden” und diese Idee zur Serienreife getrieben haben.
Der Preis ist im Vergleich mit anderen EBikes total in Ordnung, auch wenn man Bafang Motoren ansonsten eher bei Billig-Bikes findet. In der Gesamtheit mit dem genialen und ungewöhlichen Rahmen funktioniert das super und ist angemessen.

Im Sommer fahre ich immer noch fast nur mit einem Trekking-Rad, aber im Winter und bei schlechtem Wetter freue ich mich jeden Tag über mein Unimoke :)

Kommentare